Wer kennt das nicht? Morgens taucht der verzweifelt gesuchte Autoschlüssel in der Speisekammer auf. Im Job reiht sich Panne an Panne. Und abends vergisst man sein Sporttraining mit den Freunden. Ist das jetzt bloße Schusseligkeit oder sind das erste Anzeichen der gefürchteten Alzheimer-Erkrankung? Denn Alzheimer kann jeden treffen, einen bekannten deutschen Intellektuellen wie Walter Jens oder den ehemaligen US-Präsidenten Ronald Reagan.
Alzheimer – die rätselhafte Krankheit
Alzheimer – damit ist die häufigste Demenz-Erkrankung gemeint. Benannt ist sie nach ihrem Entdecker, dem deutschen Nervenarzt Alois Alzheimer (*1864 – †1915). Mit der Diagnose Alzheimer bezeichnen die Ärzte eine massive Störung des Gedächtnisses und des Denkvermögens, wodurch berufliche, soziale und private Alltagstätigkeiten je nach Stadium der Erkrankung mehr und mehr beeinträchtigt werden. In Deutschland leiden ca. 1,2 Millionen Menschen an Alzheimer oder einer anderen Demenz-Erkrankung. Tendenz steigend, weil immer mehr Menschen immer älter werden. Und das Alzheimer-Risiko steigt mit dem Lebensalter: Sind nur ein Prozent der über 65-Jährigen von Alzheimer betroffen, so sind es bei den über 80-Jährigen bereits 20 Prozent und wer älter als 90 Jahre ist, der hat ein 50-Prozent-Risiko, an Alzheimer zu erkranken.
Zerstreut oder Alzheimer?
Alzheimer beginnt schleichend. Typisch sind Handlungs- und Orientierungsprobleme im Alltag. Der Betroffene schiebt die zunehmenden Schwierigkeiten bei der Alltagsbewältigung zunächst auf „normale“ Alterserscheinungen. Denn die Übergänge zwischen Zerstreutheit und beginnender Alzheimer-Erkrankung sind tatsächlich fließend.
Alzheimer ist aber nicht zu verwechseln mit den harmlosen Schrulligkeiten älterer Menschen. Alzheimer-Patienten verlieren nach und nach ihre Alltagskompetenzen. Einkaufen, Essen kochen oder Wäsche waschen erweisen sich als unüberwindbare Hindernisse. Gefährliche Situationen entstehen dadurch, dass zuhause Kochplatten nicht ausgeschaltet und beim Autofahren riskante Manöver gefahren werden. Selbst der übliche Spaziergang kann sich zum Alptraum entwickeln, wenn der Betroffene plötzlich nicht mehr weiß, wo er ist und wie er wieder nach Hause findet. In diesem fortgeschrittenen Stadium verliert der Erkrankte nicht nur allmählich sein Raum-Zeit-Gefühl, einfache Zuordnungen und Handlungen gelingen nicht mehr: Der Patient verstaut Kleidung im Kühlschrank oder geht im Pyjama morgens zum Bäcker.
Belastend für die Familie sind besonders Persönlichkeitsveränderungen. Die früher so sanftmütige Mutter mutiert zu einer keifenden Furie, aus dem hilfsbereiten Vater wird ein misstrauischer Menschenfeind.
Die Ursachen liegen im Dunkeln
Trotz intensiver Forschungen sind die Ursachen von Alzheimer weiterhin nicht wirklich geklärt. In den untersuchten Gehirnen von verstorbenen Alzheimer-Patienten hat man charakteristische Einweißablagerungen, sogenannte Plaques, gefunden. Diese Plaques stehen im Verdacht, die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung des Gehirns zu beeinträchtigen. Typisch ist bei Alzheimer-Gehirnen zudem die Reduzierung der Synapsen, also den Verknüpfungen der Nervenzellen untereinander, und das Absterben von Nervenzellen. Negativ verstärkt wird dieser degenerative Prozess zusätzlich durch Störungen der Neurotransmitter (Botenstoffe) im Gehirn. Jüngste Forschungsergebnisse deuten auch auf genetische Faktoren beim Morbus Alzheimer, so der medizinische Fachbegriff, hin.
Die Diagnose Alzheimer
Die Diagnose Alzheimer wird von Fachärzten erst nach intensiven Tests und Untersuchungen gestellt. Ein weit verbreiteter Test ist der sogenannte Mini-Mental-Status-Test (MMST). Er dauert etwa zehn Minuten und testet Orientierungsvermögen, Gedächtnisleistung, Aufmerksamkeit, Rechnen sowie sprachliche und konstruktive Fähigkeiten. Auch neuropsychologische Testverfahren oder Diagnoseverfahren wie CT oder MRT schaffen letztendliche Gewissheit. So wird vermieden, aus gesunden Menschen mit persönlichen Marotten und Ticks versehentlich Kranke zu machen.
Kein Durchbruch bei der Therapie
Alzheimer ist trotz intensiver Forschung bis heute nicht heilbar. Medikamente können zusammen mit weiteren Therapiemaßnahmen nur den Verlauf der Erkrankung verlangsamen. Hier arbeiten der betreuende Hausarzt, der Neurologe oder Psychiater mit betreuenden Angehörigen sowie den Pflege- und Therapiekräften zusammen. Ziel ist dabei, dem Patienten so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Alltagsleben zu ermöglichen, bevor er vollständig auf eine Rund-um-die-Uhr-Pflege angewiesen sein wird. Oder wie es der ehemalige US-Präsident Ronald Reagan nach dem Ausbruch seiner Alzheimer-Krankheit 1994 formulierte: „Ich beginne nun die Reise zum Sonnenuntergang meines Lebens…“.
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