Was ist Schmerz? Jeder Mensch kann diese Frage beantworten, schließlich ist der Schmerz eine sehr vertraute Empfindung, mit der wir bereits im Kindesalter in Berührung kommen. Dennoch ist die Antwort jedes Menschen sehr subjektiv: Jeder sammelt im Laufe seines Lebens schmerzliche Erfahrungen, geht mit ihnen aber auch unterschiedlich um. Bei dem einen erscheint ein bestimmter Schmerz noch erträglich, für den anderen dagegen kann es eine ernst zu nehmende Belastung sein.
Immer wieder ist davon zu hören, dass die Schmerzempfindlichkeit von der ethnischen Herkunft oder dem Geschlecht abhängt. So sollen Frauen weniger schmerzempfindlich als Männer sein. Für die erste These hat die Wissenschaft bereits einige Hinweise gefunden, für die Zweite jedoch noch nicht.
Warum müssen wir Schmerzen erleiden?
Aus biologischer Sicht ist der Schmerz notwendig und nützlich zu gleich: Er ist eine natürliche Reaktion auf schädliche Reize, die von innen oder außen einwirken. Dieses Frühwarnsystem besitzen alle Wirbeltiere und andere höher entwickelte Lebewesen. Im Laufe der biologischen Evolution wurde das Schmerzempfinden aufgrund seiner Vorteile nicht nur beibehalten, sondern weiterentwickelt. Höhere Lebewesen besitzen die Möglichkeit, Schmerzen vorübergehend zu dämpfen oder auszuschalten. In einer überlebenswichtigen Situation kann dies von großem Vorteil sein.
Menschen mit angeborenen Nervenschädigungen empfinden keine Schmerzen. Die Betroffenen erleiden häufig Verbrennungen oder Knochenbrüche, ohne sich dessen bewusst zu sein. Besonders gefährlich ist das fehlende Schmerzempfinden bei lebensgefährlichen Verletzungen. Patienten mit angeborenen Nervenschädigungen erreichen selten ein hohes Alter, da sie ihre Gelenke und Extremitäten und Positionen bringen, die sie besonders stark belasten und schädigen.
Chronischer Schmerz
Fünf bis acht Millionen Deutsche leiden unter chronischen Schmerzen. Auch wenn diese Zahl nur geschätzt ist, wird klar, dass es sich um ein großes gesundheitliches Problem handelt. Unter chronischen Schmerzen ist zu verstehen, dass ein Patient mehr als sechs Monate lang unter andauernden oder wiederkehrenden Schmerzen leidet.
Die letzte Statistik zu diesem Thema wurde 1998 im Rahmen des „Bundes-Gesundheitssurvey“ durchgeführt. Damals gaben rund zehn Prozent der Befragten im Alter zwischen 18 und 79 Jahren an, in den vergangenen Wochen unter „starken bis sehr starken Schmerzen“ gelitten zu haben. Fast jeder Zweite klagte über „leichte bis mäßige“ Schmerzen. Über neun Prozent wurden von ihren Schmerzen im Alltag behindert.
Diese Umfrage war allerdings nur sehr allgemein und befasste sich nicht damit, unter welchen Schmerzen die Befragten leideten. In Deutschland gibt es bis dato auch keine genauen Daten zu diesem Thema, stattdessen müssen Deutsche auf die Statistiken der Nachbarländer zurückgreifen. So heißt es unter anderem, dass etwa zehn Prozent der Bevölkerung unter Migräne leidet – gut die Hälfte davon hat wahrscheinlich keinen Arzt aufgesucht, um sich behandeln zu lassen. 25 bis 30 Prozent leiden unter Spannungskopfschmerzen, 40 Prozent kämpfen mit Rückenschmerzen.
Diagnose und Therapie
Vor der Behandlung steht die Diagnose. Aufgabe des Arztes ist es zu erkennen, wie stark die Schmerzen beim Patienten sind. Betroffene können hierbei helfen: Häufig treten Beschwerden zunächst selten auf und werden mit der Zeit immer häufiger und länger. Neben diesem zeitlichen Merkmal gibt es ein räumliches Indiz: Schmerzen breiten sich häufig aus. Das heißt: Ein Kopfschmerz, welcher zunächst nur in der Schläfe zu spüren ist, betrifft plötzlich den ganzen Kopf. Durch den Kopfschmerz kommen später zum Teil weitere Beschwerden in anderen Körperteilen hinzu. Typische Folgeschmerzen sind Rückenschmerzen oder Epicondylitis („Tennisellenbogen“). Das dritte Merkmal ist schließlich die Stärke des Schmerzes. Der Schmerz ist meist unterschiedlich stark, je nachdem, ob es sich um einen Dauerschmerz oder eine kurzfristige Attacke handelt. Chronische Schmerzen sind dagegen in der Regel immer gleich.
Durch die entstehenden Schmerzen ist es nicht verwunderlich, dass bei vielen Patienten ein Medikamenten-Missbrauch entsteht. Dieser Missbrauch kann schwerwiegende Folgen mit sich ziehen: So erleiden viele Menschen Nierenschäden und benötigen im Anschluss an Dialysegeräte angewiesen. Der Missbrauch von Medikamenten kann auch zu einer Sucht führen.
In vielen Fällen helfen weder Medikamente noch alternative Behandlungen. Dies hat zur Folge, dass die Betroffenen häufig den Arzt wechseln, in der Hoffnung, dass der Nächste ihnen die heilende Wunderpille verschreibt. In aller Verzweiflung nehmen sie sogar eine Operation an, auch dann, wenn der Erfolg unwahrscheinlich ist.
Heilung: Arzt und Patient kooperieren
Von Schmerzen geplagte Menschen müssen mit ihrem Arzt kooperieren. Damit dieser den Chronifizierungsgrad seines Patienten feststellen kann, muss er ihn umfassend befragen. Patienten sollten sich vorab auf die Befragung vorbereiten, indem sie ihre Schmerzen selbst analysieren und Fragebögen ausfüllen. Typische Fragen sind:
-Wo tut es weg und wie wird der Schmerz empfunden?
-Wie wird der Schmerz charakterisiert?
-Wie lange dauert der Schmerz und wie oft tritt er auf?
-Wodurch wird der Schmerz ausgelöst?
Die Dokumentation der Schmerzempfindungen des Patienten ist in den meisten Fällen sinnvoll. Betroffene führen ein Schmerz-Tagebuch, in dem sie Empfinden, Dauer, Auftreten und andere Beobachtungen täglich eintragen. Patienten können so ihre Krankengeschichte einem Arzt präsentieren, ihm die Arbeit erleichtern und ihre Therapie beschleunigen.
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