Das bekannteste Einsatzgebiet der Strahlentherapie ist die Bestrahlung von Tumoren. Daneben lassen sich die Beschwerden einiger nicht lebensbedrohender Erkrankungen ebenfalls durch die Bestrahlung lindern, in diesem Fall ist die Strahlendosis deutlich geringer als in der Krebstherapie. Nicht zur eigentlichen Strahlentherapie zählen Röntgenverfahren, da dieser der Diagnose und nicht direkt der Behandlung dienen, dennoch beruhen die Röntgendiagnose und die Tumorbehandlung mit Strahlen auf ähnlichen Voraussetzungen. Die Strahlentherapie wird auch als Radiotherapie bezeichnet, der Begriff Radioonkologie ist der Krebsbehandlung mittels Strahlen vorbehalten.
Grundlagen
Die Grundlage der Strahlentherapie bei Tumoren besteht darin, dass entartetes Körpergewebe wesentlich anfälliger auf Strahlen als gesundes Gewebe reagiert und sich schlechter regenerieren kann. Auf diese Weise lässt sich im Idealfall mindestens neunzig Prozent eines vorhandenen Tumors entfernen, während die Strahlen nicht mehr als fünf Prozent des gesunden Gewebes angreifen. In vielen Fällen soll die Bestrahlung die Bildung von Metastasen unterdrücken, bei einigen Krankheitsbildern ist eine Verkleinerung des Tumors erforderlich, damit dieser operativ entfernbar wird.
Am häufigsten bei Gehirntumoren besteht die Möglichkeit, dass eine Operation nicht möglich und die Strahlentherapie somit die einzige Möglichkeit zu ihrer Beseitigung bietet. Nach einer Tumoroperation verringert die Strahlenbehandlung das vorhandene Restrisiko der Neubildung von Tumoren. Bei nicht tödlich verlaufenden Erkrankungen regt eine geringe Strahlendosis die Heilkraft des Gewebes an. Des Weiteren vermindert die leichte Bestrahlung chronische-entzündliche Schmerzzustände bei zahlreichen entzündlichen Erkrankungen. Die Strahlendosis beläuft sich in diesem Fall auf nicht mehr als zwanzig Gray, gegenüber bis zu achtzig Gray in der Tumorbestrahlung.
Vorgehensweise
Die Möglichkeiten der Strahlentherapie lassen sich in die Teletherapie und die Brachytherapie aufteilen. Kennzeichnen für die Brachytherapie ist, dass der Arzt eine kleine und schwach strahlende Quelle in den Körper einbringt und am Ende der vorgesehen Behandlungsdauer wieder entfernt. Diese Methode wird auch als Afterloading bezeichnet und dient vorwiegend der Behandlung bei Unterleibstumoren von Frauen, kann aber auch beim Prostatakrebs männlicher Patienten genutzt werden. Bei der Teletherapie bestehen mehrere Varianten, allen gemeinsam ist, dass der Arzt mittels einer Simulation die Strahlendosis und die Behandlungsdauer überprüft.
Als Standardverfahren der Strahlentherapie gilt die konformale Bestrahlungstechnik, bei welcher die Strahlen aus unterschiedlichen Richtungen auf den Tumor einwirken. Verbesserte Formen dieser klassischen Therapie sind die Tomograpie (IMRT) und deren Weiterentwicklung VMAT. Beide neuen Verfahren erhöhen die Chancen, mit den Strahlen gezielt auf den Tumor einzuwirken und die Mitbelastung gesunden Gewebes zu verringern. Bei allen Formen der Strahlenbehandlung sind die direkten Treffer des Tumorgewebes weniger wichtig als die Ionisierung der Wasserstoffmoleküle des Tumors. Auf diese Weise tritt die gewünschte Schädigung der Erbinformationen des Tumorgewebes ein, ohne dass gesundes Gewebe übermäßig mitbelastet wird. Bei der Reizbestrahlung nicht lebensbedrohlicher Krankheiten wird kein Gewebe abgetötet
Wirksamkeit
Die Wirksamkeit der Strahlentherapie in der Krebsbehandlung hängt von den einzelnen Tumorarten ab. Einige Tumore wie Hautkrebs und Gebärmutterhalskrebs sind weitgehend gegen Wärme und Strahlen resistent und sprechen auf die Bestrahlung nur an, wenn der Arzt gleichzeitig eine Wärmebehandlung einleitet. Bei anderen Krebsarten wie Hodenkrebs, Prostatakrebs und Kehlkopfkrebs zeigt die Strahlenbehandlung hingegen hervorragende Ergebnisse und ermöglicht bei vielen Patienten die vollständige Heilung. Bei Gehirntumoren sprechen etwas mehr als die Hälfte der Patienten auf die Strahlenbehandlung an und können geheilt werden. Als Unterstützungsmaßnahme nach einer operativen Krebsbehandlung oder zur Verkleinerung eines Tumors zur Ermöglichung einer Operation zeigt die Strahlenbehandlung in den meisten Fällen die gewünschte Wirksamkeit. Vor allem nach einer Brustkrebs- oder Darmkrebs-Operation verhindert die Strahlenbehandlung das erneute Tumorwachsturm wirkungsvoll.
Unerwünschte Nebenwirkungen treten bei einer Strahlentherapie zumeist nur im unvermeidbaren Ausmaß auf, eine Kontrolluntersuchung ist sowohl wenige Wochen als auch ein Jahr nach dem Ende der Tumorbestrahlung vorgeschrieben. Deren Wirksamkeit lässt sich bei den meisten Tumorarten erhöhen, indem der Arzt den Zeitraum zwischen zwei Behandlungen verkürzt; diese Entscheidung verstärkt jedoch zugleich die Gefahr ernsthafter Nebenwirkungen. In einigen Fällen bildet sich nach einer Bestrahlung weiteres krankes und nicht von den Strahlen erfasstes Gewebe zurück, ohne dass die entsprechenden Wirkmechanismen erklärbar sind. In jedem Fall erhöht die Strahlentherapie die Heilungschancen von Krebspatienten. Die Reizbestrahlung bei gutartigen Erkrankungen wirkt bei siebzig Prozent der Patienten.
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