Beim Begriff „Psychotherapie“ denken die meisten Menschen an die Psychoanalyse und stellen sich bildlich vor, wie sie auf der Couch liegen, über ihre Kindheit, Probleme und andere Dinge sprechen. Dabei gibt es viele unterschiedliche Arten von Psychotherapien, deren Ansätze und Methoden genauso verschieden sind.
Eine der am besten untersuchten Formen der Psychotherapie ist die kognitive Verhaltenstherapie (KVT). Im Vergleich zu anderen Therapierichtungen orientiert sie sich am stärksten an den Naturwissenschaften. Die wissenschaftliche Überprüfung ihrer Konzepte und Theorien sind von großer Wichtigkeit. Im Mittelpunkt der KVT steht das sichtbare Verhalten und das Denkmuster des Menschen. Der Mensch wird aufgrund seiner biologischen Ausstattung als von Beginn an lernendes Wesen angesehen. Eine Störung wird darauf zurückgeführt, dass irgendwann etwas falsch gelernt wurde. Therapien zielen darauf hinaus, diese „Lernfehler“ zu korrigieren und durch neue, brauchbare Verhaltensmuster zu setzen.
Geschichte und Entwicklung der Verhaltenstherapie
Bei der Entstehung der Verhaltenstherapie gibt es im Gegensatz zur Psychoanalyse nicht einen „Erfinder“ wie Sigmund Freud, sondern mehrere Entdecker. John Watson entwickelte auf Basis von Iwan Pawlows Werke zum „bedingten Reflex“ sowie dem Modell vom „klassischen Konditionieren“ den Behaviorismus. Später wurde das Konzept durch weitere Forscher wie zum Beispiel Edward L. Thorndike weiterentwickelt.
Behavioristen wie Clark L. Hull bezeichnen das Verhalten als eine Kette von Reiz-Reaktionsmustern, welche alle ein festgelegtes Grundmuster besitzen. Burrhus F. Skinner und Joseph Wolpe haben herausgefunden, dass es möglich ist, mit einer gezielten Belohnung, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, die gewünschte Reaktion zu erhalten.
Im Laufe der Zeiten wurden die lernthereotischen Konzepte immer komplexer und berücksichtigen diverse menschliche Prozesse des Denkens, Bewertens, Steuerns und Fühlens, sodass die heutige Verhaltenstherapie nur noch mit kognitionspsychologischen Methoden Anwendung findet. Dadurch entstand der moderne Begriff „kognitive Verhaltenstherapie“.
Kognitive Verhaltenstherapie: Eine Erklärung
Die KVT kombiniert zwei Therapieansätze:
- Die kognitive Therapie und
- die Verhaltenstherapie.
Welche Behandlungsmethode(n) zum Einsatz kommen, hängt von dem jeweiligen Problem, Störung oder Erkrankung ab. Unabhängig davon, welche Methoden und Elemente verwendet werden, bleibt die Grundannahme der Therapie immer dieselbe: Was Menschen denken, fühlen und wie sie sich verhalten, hängt zusammen – und diese Faktoren beeinflussen das Wohlbefinden.
Kognitive Therapie
Der Begriff „kognitiv“ kommt aus dem Lateinischen (cognoscere) und bedeutet „erkennen“. Dementsprechend geht es in der kognitiven Therapie darum, sich über seine Gedanken, Erwartungen und Einstellungen klar zu werden. Dies soll dabei helfen, unzutreffende, belastende Überzeugungen aufzuspüren und ins Positive zu verändern. Menschen werden häufig nicht nur von Situationen und Dingen negativ beeinflusst, sondern auch von der Bedeutung, die sie ihnen geben.
Ein typisches Beispiel ist die Verallgemeinerung. Menschen ziehen häufig voreilige Schlüsse und vermuten das Schlimmste: „Mein Mann hat mich wieder geschlagen – es war bestimmt meine Schuld“. Ein einziger Vorfall ist meist ausreichend, um daraus eine allgemeine „Wahrheit“ abzuleiten. Dieses Denkmuster wird in der Psychologie „Übergeneralisierung“ genannt. Betroffene Menschen suchen den Fehler meist bei sich selbst, nicht aber beim Partner.
Verhaltenstherapie
Ursprung der Verhaltenstherapie ist der US-amerikanische „Behaviorismus“. Grundlage der Therapie ist die Annahme, dass menschliches Verhalten angelernt ist. Jedes Verhalten kann somit auch verlernt beziehungsweise neu erlernt werden. Ziel der Verhaltenstherapie ist es, herauszufinden, ob bestimmte Verhaltensweisen das eigene Leben erschweren. Anschließend geht es darum, diese Verhaltensweisen zu ändern oder durch brauchbare Verhaltensweisen zu ersetzen.
Menschen mit depressiven Gedanken neigen häufig dazu, ihre Hobbys zu vernachlässigen oder sich zurückzuziehen. Sie fühlen sich dadurch immer unglücklicher und isolierter. Mit einer Verhaltenstherapie werden Wege gesucht, dass diese Menschen wieder aktiver werden und die Freude an ihrem Leben zurückgewinnen.
Die Zusammenarbeit zwischen Klient und Psychotherapeut ist bei einer KVT von großer Wichtigkeit. Beide müssen Vertrauen zueinander aufbauen und gemeinsam auf die Behandlungsziele hinarbeiten. Auftretende Schwierigkeiten müssen genauso besprochen werden wie erreichte Fortschritte.
Unterschied zwischen KVT und anderen Psychotherapien
KVT ist eine problemorientierte Strategie, das heißt, es geht darum, aktuelle Probleme zu finden, bearbeiten und passende Lösungen zu finden. Die Psychoanalyse beschäftigt sich dagegen nicht in erster Linie mit der Vergangenheit. Ziel der kognitiven Verhaltenstherapie ist es, die Probleme in der Gegenwart anzugehen. Dadurch steht die „Hilfe zur Selbsthilfe“ im Vordergrund: Die Patienten sollen ihr Leben möglichst schnell ohne therapeutische Hilfe in den Griff bekommen.
Weblinks
- PAL-Verlag Verhaltenstherapie
- Verhaltenstherapeut/Innen in ihrer Nähe
- Verhaltenstherapie bei Kindern – Uni Marburg (PDF)
Artikelbild: © Maridav / Shutterstock