Der Anzug ist ein Kleidungsstück für Männer, das aus mehreren Teilen besteht. Komplett wird er durch das Tragen einer Hose, eines Hemdes und einer Anzugjacke – manche Modelle werden durch eine Weste, die unter der Jacke getragen wird, ergänzt. Dazu gehört standardgemäß eine Fliege oder Krawatte. Unterschieden wird hier gerne zwischen Smoking, Frack und Herrenanzug.
Geschichte
Die Geschichte des Herrenanzugs ist noch relativ jung, da diese Modeerscheinung quasi den bis ins späte 18. Jahrhundert gängigen Rock mit seinen dazugehörigen Kniebundhosen (Culotte) abgelöst hat. Ein Überbleibsel des Rocks ist der Smoking, dessen Jacke vorne bis kurz über die Hüfte geschnitten ist, sich hinten aber durch einen zirka knielangen Rock auszeichnet. Der Herrenrock mit seinen „Culottes“ war ein Kleidungsstück der betuchteren Gesellschaft, lange Hosen ein Zeichen der niederen Gesellschaft. Durch den Sturz des Adels Ende des 19. Jahrhunderts ging diese Kleidungsform jedoch verloren. Zu den langen Hosen trug nun Jedermann figurbetonte Westen oder Jackets – aus dieser Kombination entstand dann der heute bekannte Herrenanzug. Zu dieser Zeit wurden auch eher gedeckte Farben für den Anzug gewählt, wohingegen die Röcke und Culotten bunte und kräftige Farben aufwiesen, um den Reichtum ihres Trägers zu untermalen. Der Anzug wurde salonfähig.
Anzugarten
Obwohl eine relativ kurze Geschichte hinter diesem Kleidungsstück steht, gibt es viele verschiedene Varianten des Anzugs, unter anderem deswegen, weil er immer mit der Zeit gegangen ist. So trug der Anzug zum Beispiel in den 60er Jahren seine Figurbetontheit bis hin zur Schlaghose, wohingegen in den 80er Jahren Hochwasserhosen bevorzugt getragen wurden. Eine der ältesten Formen des Anzugs ist der Stresemann. Er galt lange Zeit als Tagesanzug, der bis 17 Uhr getragen werden konnte sowie zu förmlichen Anlässen wie beispielsweise einer Beerdigung oder einem Staatsempfang. Das Markenzeichen des Stresemanns sind die schwarz-grau gestreiften Hosen, zu denen ein einreihiges Jackett über einer Weste getragen wird, das entweder grau oder anthrazitfarben ist. Zum Stresemann trägt man schwarze Schuhe. Geprägt hat diesen Anzug Reichsaußenminister Stresemann, der zwischen Reichstag und Büro nicht ständig seine Kleidung wechseln wollte, in denen zwei unterschiedliche Kleidungsstile vorgeschrieben waren.
Bei politischen Auftritten musste nämlich laut Protokoll stets ein Cutaway getragen werden, der dem Gehrock ähnelt, allerdings ohne dessen harte Ecken (vom Englischen „cut away“ → weggeschnitten). Ebenso wie der Stresemann besteht der Cutaway aus einer schwarz-grau gestreiften Hose, einer grauen Weste und schwarzen Schuhen und gilt auch als Tagesanzug, der keinesfalls nach 18 Uhr getragen werden durfte. Im Gegensatz zum Stresemann trägt man den Cutaway (Kurzform Cut) auch heute noch gerne bei Adelshochzeiten und Pferderennen, obwohl er eigentlich aus einer bürgerlichen Bewegung stammt – der Adel trug bei der Entstehung des Cuts zu formellen Anlässen noch immer eine Uniform.
Als festlicher Abendanzug gilt der Frack oder der Smoking, deren Jacketts beide sehr ähnlich am frühneuzeitlichen Gehrock geschnitten sind. Der Frack und der Smoking setzen einen strengen Dresscode (häufig „white tie“) voraus, sodass wenig Spielraum in der Kleiderwahl herrscht. Der Frack besteht aus einer aufschlaglosen schwarzen Hose, einem weißen Hemd und einer weißen Hemdweste. Sollte eine Kopfbedeckung gewählt werden, ist es beim Frack der Zylinder. Auch ein weißer Seidenschal und Glaceehandschuhe sind als Accessoires erlaubt.
Der Smoking setzt sich aus den gleichen Stücken zusammen, anstatt einer weißen Weste wird hier aber gerne eine tiefausgeschnittene schwarze Weste getragen. Außerdem trägt man zum Smoking gerne eine schwarze Schleife – umgangssprachlich auch Fliege genannt – und ein dem Hemd farblich angepasstes Einstecktuch. Zum Smoking gehören ebenfalls Lack-Halbschuhe und schwarze Seidenstrümpfe.
Emanzipation
Der Anzug ist und bleibt ein Kleidungsstück für Männer. In den 20er Jahren von Marlene Diettrich als erster Frau getragen, setzte er sich dennoch nicht als Frauenkleidung durch. Erst Catherine Deneuve emanzipierte den Anzug soweit, indem sie einen auf die Figur der Damenwelt angepassten Anzug öffentlichkeitstauglich machte. Die gängige Alternative für Frauen ist das Kostüm.
Artikelbild: © Nejron Photo / Shutterstock