Gehörst auch du zu den Menschen, die abends lieber auf Facebook verbringen oder noch schnell eine Lieblingsserie angucken? Bist du erstaunt, wenn es längst nach Mitternacht ist und du noch immer nicht schläfst? Die gute Nachricht: Du bist nicht alleine. Die Schlechte: Es ist alles andere als gesund.
Unzählige Menschen leiden unter dem Phänomen „Bedtime Procrastination“, wie es Forscher der Universität Utrecht in ihrer Studie nennen. Dr. Floor Kroese ist Leiterin der Studie und definiert den Zustand folgendermaßen: Betroffene sind nicht in der Lage, zur geplanten Zeit schlafen zu gehen. Keine äußeren Umstände halten sie davon ab, sondern den Zwang, immer informiert zu sein.
Im Rahmen der Studie wurden 177 Personen per Online-Fragebogen zu ihren Schlafgewohnheiten befragt. Menschen, die unter Schlafproblemen leiden, wurden bewusst aus der Studie ausgenommen. Das Ergebnis der Studie ist eindeutig: Alle Menschen, die schwach sind, sprich, sie leiden unter geringer Selbstdisziplin, lassen sich leichter von ihrem wohlverdienten Schlaf abhalten. Kein Wunder, dass diese Personen am nächsten Tag unter Schlaflosigkeit leiden und ihre Leistung darunter leidet.
Die Geburt eines neuen Leidens
Das Zögern ist ein weitverbreitetes, problematisches Phänomen. Studien zeigen, dass fast jeder zweite Student bei speziellen akademischen Aufgaben zögert (Quelle: Solomon, L., and Rothblum, E. (1984)). Immerhin zehn Prozent der Erwachsenen sind laut einer anderen Studie chronische Verzögerer. Das Verhalten ist aus dem Grund problematisch, weil bewiesen wurde, dass diese Gruppe in akademischen Aktivitäten sowie im Arbeitsleben schlechter abschneidet. Ihre Probleme enden allerdings nicht hier, Verzögerer leiden oftmals unter finanziellen Nachteilen, weil sie zum Beispiel nicht früh genug für ihre Rente sparen.
Statistik zum Thema
Effektive Schlafzeit in Deutschland
Quelle: Robert Koch-Institut (Deutschland, 2008 bis 2011, 18-79 Jahre)
Doch wann genau begann dieses Phänomen? Auch wenn es keine Studien gibt, die ein genaues Datum festlegen können, ist es definitiv ein modernes Problem, welches irgendwann im 21. Jahrhundert geboren wurde. Das 21. Jahrhundert ist eine Zeit, in der Ablenkungen wie aus einem Maschinengewehr entstanden. Angefangen mit dem Fernsehen über das Internet, welches die wohl größte Ablenkung ist, bis hin zu Multimedia-Geräten wie Smartphones und Tablets. Fatal sind nicht diese einzelnen Komponenten, sondern ihre Kombination: Smartphones sind mit dem Internet verbunden und bieten zudem unzählige Apps, die alle für sich eine einzelne Ablenkung sind. Sie zusammen bilden eine Mutation, die ultimative Ablenkung, um ihr einen Namen zu geben, welche für schwache Menschen unwiderstehlich ist.
Ein Blick auf die deutschen Straßen zeigt, wie viele Menschen nach unten sehen. Gemeint ist nicht der Gehweg, sondern das Smartphone. E-Mails lesen, auf Facebook eine Nachricht hinterlassen, eine Runde Angry Birds spielen – diese kleinen Ablenkungen bestimmen den Alltag vieler Menschen. Und sie nehmen unglaublich viel Zeit in Anspruch: 1.500 Mal pro Woche nehmen wir das Smartphone in die Hand – also 214 Mal täglich.
Das Problem beginnt bereits morgens beim Frühstück: Nach einer schlaflosen Nacht, weil man zu spät schlafen ging, werden Mails und Facebook gecheckt. Die Mehrheit gibt sogar an, das Wetter für den aktuellen Tag überprüft zu haben. Kein falscher Gedanke, schließlich möchte man entsprechend gekleidet sein. Ist aber Facebook so wichtig? Muss ich unbedingt wissen, was mein Nachbar morgens um die Uhrzeit anstellt? Wahrscheinlich dasselbe wie ich selbst.
Die Auswirkung der fehlenden Nachtruhe auf den Menschen
Ende November schockierte eine Studie Smartphone-User, die gerne ihren Kopf hängen lassen. Die auf die Halswirbelsäule einwirkende Kraft ist so stark, als würde man ein Kind auf seinem Nacken tragen. Mangelnder Schlaf hat mindestens genauso schwerwiegende Folgen. In welcher Art sie auftreten, hängt meist von der jeweiligen Person ab.
Im vergangenen Jahr behaupteten US-Forscher, dass Schlafmangel den Appetit steigt und somit regelrecht dick macht. Der Schlafmangel selbst macht nicht dick per se, viel mehr Essen Menschen, die wenig schlafen, automatisch mehr als sie eigentlich benötigen würden. Bei Jugendlichen kann sich Schlafmangel anders äußern: Laut einer Studie der Columbia University in New York können Jugendliche, die nach Mitternacht schlafen gehen, leichter an einer Depression erkranken. Auch Selbstmordgedanken betreffen 20 Prozent mehr Nachteulen als normal schlafende Jugendliche.
Wie also löst man das Problem? Im Prinzip ist die Lösung einfach, man muss seine Selbstdisziplin trainieren. Deshalb: Frühzeitig alle Geräte ausschalten und nur mit einem Gedanken ins Schlafzimmer gehen, nämlich zu schlafen.
Artikelbild: © Ammentorp Photography / Shutterstock
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