Wenn wir einen Artikel im Internet oder der Zeitung lesen beziehungsweise ein Lied oder eine Rede hören, gehen wir automatisch davon aus, dass der Autor derjenige ist, der angegeben wird. Das ist nicht immer der Fall. Viele Stücke unserer Geschichte stammen aus der Feder sogenannter Ghostwriter, ohne dass die meisten Menschen es erahnen.
Ghostwriter – die Kommunikationsprofis aus dem Schatten
Seien wir ehrlich: Wer glaubt ernsthaft daran, dass Politiker Zeit haben, den ganzen Tag in Ausschüssen zu sitzen, sich später mit wichtigen Menschen zu treffen und nebenbei eine Rede für den Abend zu schreiben? Natürlich haben sie eine Person – einen Ghostwriter – der diese Aufgabe für sie übernimmt. Ähnlich sieht es bei Schauspielern oder Musikern aus, die ihre Memoiren nicht selbst verfassen. Ihnen fehlt nicht nur die Zeit, sondern auch die Schreibkunst. Stattdessen überlassen sie die Verfassung ihres Lebenswerkes einem Journalisten.
Ghostwriting ist folglich eine der ältesten Tätigkeiten der Welt – und doch spricht man hierzulande nicht offen darüber. Dabei ist dieser Beruf in den USA kein Geheimnis. Hier nennen viele Menschen den echten Urheber ihrer Werke.
Steigende Nachfrage bringt Karrierechancen mit sich
Über die Geschichte und den Beginn des Ghostwritings gibt es wenige genaue Informationen. Bis heute geben nur wenige Menschen offen zu, dass sie Ghostwriter engagieren. Experten wissen, dass es bereits in der Antike Ghostwriter gab. Der bekannteste Ghostwriter war Isokrates: Er verfasste unter anderem Gerichtsreden und arbeitete als Rhetoriklehrer. Später, im 19. Jahrhundert, machte Alexandre Dumas mit Romanen wie Der Graf von Monte Christo und Die Drei Musketiere auf sich aufmerksam. Nur stammten diese nicht aus seiner Feder, sondern jener des Ghostwriters Auguste Maquet, wie The Telegraph berichtet.
Trotz der mangelnden Transparenz dieses Berufs besitzt er eine Zukunftsperspektive. Ghostwriter sind gefragter denn je, was unter anderem an den zahlreichen Unternehmen erkennbar wird, die in den letzten Jahren den Einstieg in diesen Markt wagten. Unter ihnen befinden sich auch Firmen mit langjähriger Erfahrung. Die Ghostwriting-Agentur verfasst seit 1988 wissenschaftliche Arbeiten zu verschiedenen Themen.
Das Stichwort lautet wissenschaftliche Arbeiten. Gemeint sind weder Bachelor- noch Master- oder Magisterarbeiten. Von solchen Praktiken distanzieren sich seriöse Agenturen. Der Grund ist simpel: Aus rechtlicher Sicht ist es nicht gestattet.
Die verschiedenen Gesichter des Ghostwriters
Ghostwriting ist ein Oberbegriff für eine Domäne, die viele Unterkategorien besitzt. Die meisten Ghostwriter fokussieren sich auf ein spezielles Themengebiet, auf dem sie sich gut auskennen. Nur in diesem Bereich sind sie in der Lage, hochwertige Texte zu produzieren.
Wer sich für den Beruf des Ghostwriters entscheidet, hat die Wahl zwischen folgenden Erscheinungsformen:
- Autobiografien: Prominente möchten ihr Lebenswerk dem Otto-Normalverbraucher präsentieren. Ein eigenes Buch steigert den Bekanntheitsgrad. Nicht jeder Prominente kann seine Gedanken entsprechend in Worte fassen, sodass ein Ghostwriter diese Arbeit übernimmt.
- Romane: Alexandre Dumas ist ein Schriftsteller, der zumindest zwei Werke nicht selbst geschrieben haben soll. Auch heute gibt es Autoren, die Werke unter ihrem Namen verkaufen, ohne sie geschrieben zu haben. Einige von ihnen geben jedoch den Namen ihres Ghostwriters an.
- Redenberater: Politiker, Unternehmenschefs und andere Menschen, die wichtige Positionen besetzen, verfassen ihre Reden selten selbst. Ihr Ghostwriter verfasst Präsentationen und Reden, die sie in Stichpunkten zusammenfassen.
- Social-Media: Promis und andere Menschen haben selten Zeit, mit ihren Fans auf sozialen Netzwerken in Kontakt zu treten. Eine PR-Person steckt hinter den Texten, die lediglich den Namen des Promis tragen.
- Musik: Mozart war ein bekannter Ghostwriter, der für andere Komponisten Stücke schrieb. Auch heute gibt es bekannte Musiker, deren Werke von Ghostwritern verfasst wurden.
- Wissenschaftliche Arbeiten: Viele Studenten müssen neben ihrem Studium arbeiten, sodass ihnen die Zeit fehlt, Arbeiten zu erstellen. Ein Ghostwriter kann sie komplett verfassen oder die Studenten teilweise (inhaltlich oder stilistisch) unterstützen.
Der Einstieg in die undurchsichtige Branche
Trotz des großen Potenzials der Branche ist der Einstieg in das Ghostwriting nicht ganz einfach. Da nur wenige Menschen über diese Tätigkeit sprechen, ist es schwierig, eine klare Empfehlung für Menschen auszusprechen, die sich für sie interessieren. Den einfachsten Berufseinstieg ermöglichen womöglich Ghostwriting-Agenturen, die regelmäßig auf der Suche nach neuen Schreibkräften sind. Auf der anderen Seite können Interessierte auch Eigeninitiative zeigen, indem sie bestimmte Personen (Promis, Politiker, Firmenchefs) direkt anschreiben und fragen, ob sie Hilfe bei der Erstellung von Texten, Präsentationen oder Reden benötigen. Getreu dem Motto „Fragen kostet nichts“ wird entweder eine klare Absage kommen oder es folgt ein Gespräch, in dem weitere Fragen geklärt werden.
Ghostwriter-Neulinge sollten immer bedenken, dass sie kein Multitalent sein müssen. Die meisten Ghostwriter arbeiten ausschließlich in einem bestimmten Themenfeld, in dem sie sich bestens auskennen. Das Fokussieren auf ein Themengebiet hat den Vorteil, sich in einer Materie gut auszukennen. Dadurch ist man imstande, eine qualitativ hochwertige Arbeit abzuliefern.
Artikelbild: © undrey / Bigstock.com
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