Die Zinsen sind auf einem historischen Tief und Banken sind bereit, Geld zu leihen. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass kleinere Unternehmen Kredite leicht aufnehmen können. An der Bürokratie scheitern viele Finanzierungen.
Deutschland gilt als eines der finanziell stärksten Länder der Welt. Was das genau bedeutet, bleibt meist offen zur Interpretation. Fakt ist, dass nicht jeder dieser Aussage zustimmen würde. Der Deutsche Startup Monitor 2015 zeigt, wie gut Deutschland aus Sicht von Start-ups zur Unternehmensgründung geeignet ist. Demnach finanzieren sich die meisten jungen Unternehmen mit eigenen Ersparnissen, dem Geld ihrer Familien und Freunden sowie über Business-Angels. Das Bankdarlehen befindet sich auf den letzten Positionen in der Liste der Finanzierungsquellen.
Start-ups sind nicht die einzigen Unternehmen, die Banken meiden. Man könnte argumentieren, dass ihre Ideen und Business-Modelle riskant sind. Doch wie ihnen geht es vielen kleineren Unternehmen. Um zu wachsen, benötigen sie Geld. Aus Sicht der Banken bieten die Unternehmen nicht ausreichend Sicherheit, sodass Kredite ausbleiben. Ohne Kredite wachsen die Unternehmen nicht – es ist ein ewiger Teufelskreis, aus dem es nur ein Entkommen gibt: alternative Kreditmodelle.
Online-Kredit: Die schnelle Kreditvergabe übers Internet
Online-Kreditplattformen gab es erstmals in den USA sowie den Niederlanden. Seit wenigen Jahren sind sie auch in Deutschland zu finden. Ihr Vorteil: Die Angebote können bequem online verglichen werden, wie das nachfolgende Beispiel demonstriert: Für ein Gewerbe wird ein Nettokreditbetrag in Höhe von 5.000 Euro mit einer Laufzeit von 60 Monaten gesucht.
Im Vergleich werden die Angebote verschiedener Banken, die damit verbundenen Kosten sowie Konditionen aufgelistet. Interessenten können den Kredit direkt online beantragen, ohne eine Filiale in ihrer Stadt aufsuchen zu müssen.
Amerikanischer Dienstleister richtet sich an KMUs
Deutschland steht mit dem Problem der Kreditvergabe nicht alleine dar. Zwar gründen immer mehr Deutsche ihr Start-up in den USA, weil es dort mehr Investoren gibt. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können davon nicht profitieren. Schätzungen zufolge gibt es in den USA 28 Millionen solche Firmen. Sie benötigen kurzfristig kleine Kredite, haben aber dasselbe Problem wie Start-ups: Die Banken bedienen sie nicht.
Seitens der Banken gibt es keinen bösen Willen. Für sie entstehen ein hoher administrativer Aufwand sowie große Kosten für die Bonitätsprüfung. Viele KMUs benötigen kurzfristig einen Kredit, um ihren Cashflow zu sichern. An temporären Krediten verdienen Banken nicht, sodass der Aufwand für sie nicht gerechtfertigt ist. Ein weiteres Problem, mit dem KMUs kämpfen, ist die Verfügbarkeit der Kredite. Das Geld benötigen sie kurzfristig. Bis eine Bank einen Kredit ausstellt, vergehen Wochen.
Ein Dienstleister hat diese Marktlücke in den USA erkannt und bedient KMUs, die kurzfristig Kredit benötigen. Der Bankenrise JPMorgan schloss sich mit dem 2007 gegründeten Unternehmen OnDeck zusammen (forbes.com berichtet), um KMUs zu unterstützen. OnDeck hat eigenen Angaben zufolge über drei Milliarden Dollar an kleine Firmen verliehen. Die Kreditbestätigung erfolgt nahezu augenblicklich, hat aber einen Haken: Die Zinsen sind weitaus höher als bei klassischen Banken.
Kurzfristige Darlehen | Langfristige Darlehen | |
---|---|---|
Laufzeit | 3 bis 12 Monate | 15 bis 36 Monate |
Kreditsumme | maximal 250.000 $ | maximal 500.000 $ |
Zinsen | durchschnittlich 19 % | durchschnittlich 30 % |
Die Darlehen sind zudem an bestimmte Konditionen gekoppelt. Firmen müssen mindestens ein Jahr aktiv sein, einen Umsatz von über 100.000 Dollar jährlichen generieren und zumindest ein Unternehmer muss einen Kredit-Score von mindestens 500 Punkten aufweisen[1].
Finanzspritze per Schwarmfinanzierung
Unternehmen, die aus diversen Gründen kein Darlehen erhalten, wählen die Finanzierung per Schwarmfinanzierung (Crowdfunding) oder ähnlichen Systemen. Im Prinzip geht es darum, dass Privatpersonen ihr Erspartes offerieren, um ein Start-up zu finanzieren.
Crowdfunding lässt sich im Prinzip in vier Kategorien aufteilen:
- Unternehmensanteile: Geldgeber investieren Geld und erhalten im Gegenzug Unternehmensanteile. Je mehr das Unternehmen wächst und je erfolgreicher der Exit, desto größer die Entlohnung für die Geldgeber.
- Kredit: Die Geldgeber leihen dem Unternehmen Geld, welches es in einer festgelegten Zeit mit einem definierten Zinssatz zurückzahlen muss.
- Gegenleistung: Das beliebteste Modell, auf das Plattformen wie Kickstarter oder Indiegogo setzen, basiert auf dem Modell der Gegenleistung. Geldgeber erhalten im Gegenzug von Zahlungen ein Dankeschön in unterschiedlichen Variationen: Postkarten, T-Shirts oder das zu finanzierende Produkt.
- Spende: Im Gegensatz zu den bereits genannten Modellen gibt es keine Gegenleistung. Es handelt sich um eine wohltätige Finanzierung. Davon profitieren in den meisten Fällen gemeinnützige Projekte.
Abseits dieser vier Modelle gibt es eine weitere Möglichkeit, Portale wie Kickstarter zu seinem Gunsten zu nutzen, auch wenn diese Strategie nicht direkt unterstützt wird: Unternehmen, die ein neues Produkt oder eine Dienstleistung erproben möchten, investieren Zeit in eine Kickstarter-Kampagne. Ziel ist es nicht zwingend, das Finanzierungsziel zu erreichen. Stattdessen wird das Portal verwendet, um den Markt und die Nachfrage zu testen. Große Unternehmen überlassen diese Aufgabe spezialisierten Dienstleistern, die Marktstudien für sie erstellen. Ein Start-up kann sich eine solche Studie aber nicht leisten.
Die Zukunft der Finanzierungen
Dieser Artikel demonstriert, dass die Vergabe von Darlehen und Krediten vermehrt online stattfindet. Experten sehen in Dienstleistern, die Kredite online vergeben, eine große Konkurrenz zu klassischen Banken. Bleibt abzuwarten, ob Banken ihr Geschäftsmodell auf die aktuelle und zukünftige Nachfrage anpassen.
- Ein Wert, der die Wahrscheinlichkeit einer Rückzahlung eines Darlehens repräsentiert
Artikelbild: © Monkey Business Images / Shutterstock
Schreibe einen Kommentar