Wer als Privatperson mehr Schulden hat, als er decken kann, der muss früher oder später ein Insolvenzverfahren einleiten. Was aber, wenn ein Staat mehr Geld ausgibt, als er einnimmt? Auch hier greifen ähnliche Notbremsen wie im privaten Umfeld – die Auswirkungen sind allerdings für das gesamte Land verheerend.
Was derzeit in Venezuela geschieht, ist ein Paradebeispiel dafür, dass finanzielles Missmanagement nicht nur in kleinen und privaten Rahmen möglich ist. Auch ganze Länder können sich über Kredite, Anleihen und andere Schuldformen finanziell übernehmen. Aber wo bekommen Länder überhaupt einen Kredit? Und welche Auswirkungen hat eine Situation wie die in Venezuela auf das Land?
Wenn Deutschland Geld leiht, ist es in der Regel an einem Mittwoch
Wer als Privatperson einen Kredit aufnehmen möchte, der kann das heute ganz bequem von seinem Rechner aus machen. Mit nur ein paar Klicks ist der beste Kredit auf einer entsprechenden Plattform gefunden. Von hier an sind die Formalien oft sehr ähnlich:
- Bonitätsprüfung
- Einkommensnachweis
- Personalien
Die Wartezeiten für die Freigabe der Kreditsummen sinken ständig, und von der Hausfinanzierung bis zum Autokauf ist ein Privatkredit leicht abzuwickeln. Man könnte annehmen, dass die Kreditvergabe an Staaten sich wesentlich aufwendiger gestaltet. Denn hier geht es nicht um 10.000 Euro für ein neues Auto. Wenn zum Beispiel Deutschland Geld leiht, dann kommen gleich mehrere Milliarden ins Spiel. Die Schulden-Manager Deutschlands arbeiten für die „Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH“. Sie sind es, die Kredite aufnehmen, abbezahlen und verwalten. Insgesamt arbeiten mehr als 340 Mitarbeiter daran, dass Deutschland immer mit ausreichend Geld versorgt ist – und dies zu den besten Konditionen.
Die besten Konditionen für den Staat unterscheiden sich dabei nicht viel von denen für eine Privatperson. Betrachtet man die relevante Eckdaten für einen Privatkredit, sind auch hier die Bereiche Bonität, Zinssatz und Laufzeit wichtig. Die Kreditvergabe für einen Staat verläuft aber über eine Art Versteigerung. Deutschland stellt die Kreditanfrage bereit, und Banken aus aller Welt bieten ihre besten Konditionen. Der Zuschlag wird bis zu 45 Mal im Jahr durch die Mitarbeiter der Finanzagentur GmbH vergeben – immer mittwochs oder montags.
Banken geben nicht jedem gerne Kredite
Ob die Bank nun einer Privatperson Geld leiht oder einem Staat: Einige Kreditnehmer sind lieber gesehen als andere. Ein Staat wie Deutschland garantiert den Kreditgebern, dass die Leihen inklusive Zinsen pünktlich zurückgezahlt werden. Mit dieser Versicherung im Nacken, sind die Banken gewillt, gute Konditionen für Zinsen und Laufzeiten anzubieten.
Die Kreditlaufzeiten können stark variieren. Einige Anleihen werden innerhalb von wenigen Monaten beglichen, andere haben eine Laufzeitvon 20 Jahren oder mehr. Die Bundesrepublik Deutschland kann dabei drei Arten von Krediten aufnehmen:
- Bundesschatzanweisungen
- Bundesobligationen
- Bundesanleihen
Die einzelnen Kreditarten werden unter anderem durch die Art der Finanzübergabe definiert.
Wenn nun ein Land wie Venezuela Kredite aufnehmen möchte, stehen Banken der ganzen Sache allerdings skeptisch gegenüber. Die potenziell schlechtere Bonität des Staates resultiert in kürzeren Laufzeiten und höheren Zinsen. Dies bringt zusätzlichen finanziellen Druck für das Land. Es ist ein gefährlicher Kreislauf, der nicht selten im Staatsbankrott endet.
Wer leiht Deutschland Geld?
Nicht jede Bank kann, darf oder möchte jedem Land Geld leihen. Die deutschen Staatsschulden werden aktuell von 32 Banken verwaltet. Darunter fallen die Deutsche Bank oder die Commerzbank. Aber auch Banken aus den USA oder der Schweiz sind an der Kreditvergabe beteiligt. Aktuell umfasst der Schuldenberg Deutschlands rund eine Billion Euro. Im jedem Jahr werden mehrere Milliarden zurückgezahlt und aufgenommen. Oft mit einem Schuldendefizit.
Staatspleiten der Vergangenheit
Der Staatsbankrott ist keine Erfindung der Neuzeit. In den vergangenen Jahren kommen aktuelle Beispiel wie Griechenland und Argentinien in den Sinn, aber auch weit vor diesen Ereignissen mussten Staaten den Bankrott anmelden. Seit 1800 haben insgesamt 281 Staaten eine offizielle Staatspleite gemeldet. Deutschland musste im Jahr 1932 die Staatspleite melden – damals war die Weltwirtschaftskrise der Auslöser. Weitere Länder, die bereits einen Staatsbankrott hinter sich haben, sind zum Beispiel Spanien, Russland und Mexiko.
Was passiert nach dem Staatsbankrott?
Ähnlich wie in der Privatinsolvenz, gibt der Staat seinen Gläubigern in Rahmen eines Staatsbankrotts an, dass Ausstände gar nicht oder nur in Teile beglichen werden können. Den Banken bleibt keine andere Wahl, als bestehende Kredite abzuschreiben. Da natürlich auch einheimische Banken dem Staat Geld leihen, ist eine Krise im Bankwesen eine der Konsequenzen.
Die Wirtschaft wird ebenfalls drastisch beeinflusst. Investoren ziehen sich aus der Region zurück. Der Arbeitsmarkt bricht ein, und das Konsumverhalten der Einwohner ändert sich grundlegend. Eine weitreichende Konsequenz ist der Wertverlust der inländischen Währung. Die damit einhergehende Inflation sorgt für eine wachsende Kluft zwischen Einkommen und Lebensunterhaltskosten.
In Venezuela kam es sogar zu einer Hyperinflation – die Inflationsrate des Landes wird für das laufende Jahr von Experten auf 13.000 % geschätzt. Dies führt dazu, das Importgüter – von Nahrung bis hin zu Medikamenten – nicht mehr im Land erhältlich sind. Darüber hinaus ist das Image des Staates für zukünftige Finanztransaktionen schwer geschädigt. Erneute Kreditaufnahmen sind entweder gar nicht oder nur zu sehr hohen Kosten möglich. Es dauert oft viele Jahre, bis ein Staat sich von einem Bankrott erholen kann.
Artikelbild: Jarretera / Bigstock.com
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