Wer übermäßig gestresst ist, sollte seine Verwandte dazu befragen. Österreichische Forscher haben herausgefunden, dass unsere Gene dafür verantwortlich sind, welche Stressspuren im Gehirn hinterlassen werden.
Stress hat sich im Laufe der Jahre beinahe zu einer Volkskrankheit entwickelt. In einer Welt, in der Menschen immer flexibler sein müssen, steigt den meisten die zahlreichen Aufgaben des Alltages früher oder später über den Kopf hinaus. Es ist somit nur eine Frage der Zeit, wann sich Stress aufbaut und letztendlich zum Burn-out führt.
Doch nicht jeder Mensch reagiert gleich auf Ereignisse, die unser Gemüt belasten. Ob verlorener Job, Scheidung oder Todesfälle – einige Menschen lernen aus solchen Ereignissen und bilden sich weiter, andere zerbrechen an ihnen. Für diese unterschiedlichen Auswirkungen ist die Stressverarbeitung im menschlichen Gehirn verantwortlich. Sie erfolgt im Hippocampus: Das Seepferdchen, wie der Hippocampus übersetzt heißt, ist maßgebend an unserer Gedächtnisbildung verantwortlich. Hier werden auch Emotionen verarbeitet. Auf jede Art von Stress reagiert der Hippocampus äußerst sensibel. Positiver Stress sorgt dafür, dass das Volumen zunimmt, bei negativem Stress nimmt es ab. Ein verkleinerter Hippocampus ist einer der Gründe für Depressionen. Diese führt wiederum zu Ängsten und Konzentrationsproblemen.
Die Stressresistenz wird von unseren Genen beeinflusst
Ob Stress unseren Hippocampus erweitert oder kleiner macht und folglich die psychische Gesundheit fördert oder uns krankmacht, hängt von unseren Genen ab. Damit genetisch benachteiligte Menschen ihrem Stress nicht unterliegen, möchte die Uniklinik Wien ein Genprofil von psychisch kranken Menschen erstellen – inklusive Bluttest und Genchip. Mit Hilfe dessen können Psychiater in der Klinik bereits passende Maßnahmen einleiten. Ziel bei genetisch anfälligen Menschen ist es, einer Depression durch Therapie und Medikamente vorzubeugen. Denn diesen Menschen würde jede Lebenskrise aus der Bahn werfen – das ganze Leben lang. Diese personalisierte Medizin könnte bereits in fünf bis zehn Jahren reif für den Markt sein. Der Forschungsansatz wird in den USA vom Militär gesponsert. Hier möchte man in Zukunft stressresistente Mitarbeiter finden.
Statistik zum Thema
Größte Stressfaktoren in Deutschland
Stressfaktor | Frauen | Männer | Insgesamt |
---|---|---|---|
Beruf oder Schule / Studium | 43 % | 52 % | 47 % |
Hohe Ansprüche an sich selbst | 48 % | 35 % | 41 % |
Private Konflikte | 36 % | 33 % | 34 % |
Krankheit eines Nahestehenden | 34 % | 30 % | 32 % |
Geldsorgen | 28 % | 27 % | 28 % |
Haushalt | 31 % | 14 % | 23 % |
Kindererziehung und -betreuung | 27 % | 17 % | 22 % |
Autofahrten | 20 % | 21 % | 21 % |
Bus- und Bahnfahrten | 14 % | 22 % | 17 % |
Pflege eines Angehörigen | 19 % | 13 % | 16 % |
Quelle: TK (2013, 1000 Befragte ab 18 Jahren)
Stress vorbeugen: Die beste Therapie
Wissenschaftler am MPI für Psychiatrie in München dokumentieren in einer Studie, wie sich früh erlittener, hoher Stress auf unser Gemüt ausübt. Dabei kamen sie zu der Erkenntnis, dass der Stress, pathophysiologischer Prozesse einleitet, die sich in Form von Depression und Angsterkrankung manifestieren. Die Experten gehen davon aus, dass ein frühzeitiges Eingreifen die späteren fatalen Ereignisse unterbrechen kann. Unmittelbar nach einem erlebten Trauma ist eine medikamentöse und psychotherapeutische Therapie notwendig. Auch in Zukunft wird die Medizin Spätschäden nicht reparieren können. Ziel ist es, Schäden frühzeitig zu verhindern und so gezielt vorzubeugen. Nur so kann man sichergehen, dass die traumatischen Erlebnisse sich nicht in den Gehirnzellen einbrennen und bei dem Patienten zu lebenslangen Schäden führen.
Artikelbild: © Hasloo Group Production Studio / Shutterstock
klebefolien meint
Vielen dank für den tollen Artikel und die ausführliche Information. Habe im Job mit vielen Menschen zu tun, deswegen ist es leider unmöglich Stress zu vermeiden.
Gruß Anna