Einer 2013 veröffentlichten PwC-Studie[1] zufolge ist der Automarkt der westlichen Industriestaaten nahezu gesättigt. Wie sieht die Zukunft der Automobilindustrie aus?
Laut der European Automobile Manufacturers’ Association (ACEA) wurden in der EU im Jahr 2015 rund 13,7 Millionen Fahrzeuge neu registriert, 9,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Bei der Anzahl der Neuzulassungen befindet sich Österreich auf dem zehnten Platz hinter Schweden, Belgien, der Niederlande und Polen.
Überraschenderweise belegt Großbritannien den ersten Platz, was das Land dem Zuwachs von 16,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu verdanken hat. Auf den nächsten Plätzen liegen Frankreich, Deutschland, dahinter Spanien und Italien. Einen besseren Marktüberblick gibt es in der nachfolgenden Tabelle:
2015 | Veränderung Vorjahr in % | |
---|---|---|
EU-Länder | 13.713.256 | +9,3 |
EFTA1 | 488.498 | +7,2 |
Russland | 1.513.886 | –34,9 |
Türkei | 712,044 | +21,2 |
Ukraine | 43,376 | –52,5 |
Quelle: | ACEA |
1 Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz
Die Automobilbranche erholt sich noch von der Finanzkrise. Zwar sehen einige Menschen diese als Auslöser für den Absatzeinbruch, jedoch ist sie nur einer von vielen Faktoren. In der Vergangenheit gab es hohe Ölpreise – auch wenn diese inzwischen gesunken sind – Diskussionen über den Ausstoß von CO2 und jüngst der Abgasskandal von Volkswagen und weiteren Herstellern.
Carsharing verzeichnet wachsende Beliebtheit
Carsharing ist in der österreichischen Hauptstadt angekommen. Aktuellen Zahlen der Stadt und Anbietern zufolge gibt es in Wien schon mehr als 100.000 Kunden[2]. In fünf Jahren hat sich die Nutzerzahl verzwanzigfacht.
Das Anwachsen der Carsharing-Gemeinde hat dabei positive Effekte auf die Umwelt. Laut den erhobenen Daten werden bis zu fünf private Fahrzeuge durch ein Carsharing-Auto ersetzt, wodurch der CO2-Ausstoß jährlich um 7.000 Tonnen verringert werden kann.
In Deutschland steht das in Wien beliebte Freefloating-Modell[3] unter Kritik, weil eine Studie der Strategieberatung civity Management Consultants[4] herausgefunden hat, dass es den Autoverkehr zusätzlich ankurbelt. In der österreichischen Hauptstadt sieht man die Situation anders: Das Freefloating-Konzept ist kein Ersatz, sondern eine Ergänzung zum öffentlichen Verkehr. Das Carsharing-Auto wird immer dann genutzt, wenn der öffentliche Transport aufgrund großer Umwege nicht praktisch ist.
Der bewusste Verzicht auf ein eigenes Auto
Mit dem Gedanken, sein persönliches Fahrzeug aufzugeben, spielen viele Menschen. Die 100.000-Carsharing-Nutzer in Wien machen täglich 7.000 Fahrten mit ihrem Leihwagen. Daher ist schon heute jeder Fünfte bereit, in Zukunft sein Auto abzuschaffen.
Eine andere Umfrage für die Generali Versicherungen Gruppe zeigt, dass die Bereitschaft, auf ein Auto zu verzichten, noch größer sein könnte. Entscheidend ist, dass der Verzicht praktikabel sein müsse. Demnach würde grundsätzlich jeder Vierte (26 Prozent) Bewohner der Stadt Wien auf einen Pkw verzichten. In Steiermark sind es 23 Prozent, in Tirol und Vorarlberg 21 Prozent. Lediglich in Burgenland (12 Prozent) und Niederösterreich (14 Prozent) will kaum jemand das eigene Auto aufgeben. In großen Städten gibt es weitaus mehr Alternativen zum privaten Fahrzeug als in ländlichen Regionen.
Der Verzicht auf ein Auto kann auch eine temporäre Lösung sein. Beispielsweise zieht jemand von der ländlichen Region nach Wien und kann seinen neuen Arbeitsplatz zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zügig und kostengünstig erreichen. Menschen, die dieser Gruppe angehören, können temporär auf ihr Auto verzichten und dieses verkaufen.
Der Verkauf des privaten Fahrzeugs ist dank des Internets simpler denn je. Es gibt nicht nur Portale, Onlinebörsen und Foren, wo sich alles um den Verkauf des Automobils dreht. Autofahrer haben vorab die Möglichkeit, den ungefähren Fahrzeugwert für ihr Fahrzeug online zu ermitteln. Das Auto verkaufen sie an ein Unternehmen, wo nach der Onlinebewertung der endgültige Fahrzeugwert bei einer Besichtigung vor Ort ermittelt wird. Sind beide Seiten mit dem Preis einverstanden, unterzeichnen sie die Papiere und der Pkw wird dem neuen Besitzer übergeben.
Der simple, unkomplizierte Verkauf von Fahrzeugen ist ein großer Vorteil. Menschen möchten immer flexibler sein und bevorzugen unkomplizierte Prozesse, die ihr Leben vereinfachen.
Das wachsende Umwelt- und Verantwortungsbewusstsein
Die Beliebtheit der Carsharing-Lösungen ist einem neuen Trend zu verdanken, der als Neo-Ökologie bekannt ist. Es handelt sich um einen Mix aus gesellschaftlichem Engagement, Ökologie und Ökonomie. Umweltaspekte und Nachhaltigkeit spielen für eine wachsende Gruppe eine große Rolle beim Kauf eines Fahrzeugs – und dazu hat der VW-Abgasskandal maßgeblich beigetragen.
Immer mehr Menschen erkennen, dass übermäßiger Konsum nicht länger tragbar ist. Die Verantwortung jedes Einzelnen, gerecht mit den endlichen Ressourcen dieses Planeten umzugehen, rückt dabei in den Mittelpunkt. Der Besitz eines Autos ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Käufer es tatsächlich benötigt. Selbst dann sollte es die Umwelt nicht stärker belasten als nötig.
Wann aber ist der Besitz eines Pkw gerechtfertigt? 2014 hat die WirtschaftsWoche errechnet, dass sich ein Auto ab einer zurückgelegten Distanz von 11.250 Kilometern pro Jahr rentiert. Nach diesem Kriterium würden Millionen Fahrzeuge auf Österreichs Straßen plötzlich zum Luxusgut, da sie für ihre Halter streng genommen nicht wirtschaftlich sind. Einige Fahrzeughalter haben das erkannt und nutzen Alternativen: Öffentliche Verkehrsmittel, Carsharing, Mitfahrgelegenheiten, selbst das Fahrrad ist beliebter denn je. Laut des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit)[5] sind in 77 Prozent der österreichischen Haushalte Fahrräder verfügbar. 1974 lag der Anteil bei nur 53 Prozent.
Vernetzte und selbstfahrende Fahrzeuge
Neue Technik wird den individuellen Personentransport revolutionieren, wenn man den Forschungen verschiedener Automobilherstellern, aber auch Unternehmen wie Google glaubt.
In absehbarer Zeit könnten Fahrzeuge in Echtzeit Daten zur Verkehrslage oder Warnungen über Glatteis erhalten, damit der Autofahrer entsprechend reagieren kann. Einige Autobauer arbeiten an selbstfahrenden Fahrzeugen. Doch auch Konzerne wie Google suchen nach der perfekten Lösung für das autonome Fahren. Das Unternehmen, welches für seine Suchmaschine bekannt ist, hat derzeit 57 Fahrzeuge auf den Straßen der USA im Einsatz. Diese waren in der Vergangenheit in einige Unfälle verwickelt.
Ob selbstfahrende Autos bald zum Standard gehören, wird sich in der nahen Zukunft abzeichnen. In jedem Fall wird sich die Automobilindustrie stark verändern.
- Quelle: industriemagazin.at
- Carsharing Wien – Evaluierung; Dezember 2015; Seite 6
- Im Freefloating-Modell gibt es feste Gebiete, wo die Fahrzeuge abgeholt und abgestellt werden können.
- Radverkehr in Zahlen: Daten, Fakten und Stimmungen; 2. Auflage; August 2013
- Radverkehr in Zahlen: Daten, Fakten und Stimmungen; 2. Auflage; August 2013
Artikelbild: © ginton / Bigstock.com
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